Liebe Schreib-Freunde
Gerne würde ich hören/lesen, was ihr von nachfolgendem Romananfang haltet.
Der Roman ist mein erstes “Baby”, an dem ich inzwischen insgesamt etwa 15 Jahre herumdoktere. Eine erste Version habe ich bereits 2015 bei KPD veröffentlicht. Da ich von verschiedenen Seiten sehr unterschiedliche Bewertungen erhalten habe, bin ich nun dabei manches grundlegend zu ändern und den ganzen Text auch einer gründlichen Prüfung (Rechtschreibung, Grammatik, Stil, Lesbarkeit) mit Papyrus Autor zu unterziehen.
Hoffentlich ist meine angefügte Textprobe nicht zu lang, und ihr habt Lust mir eure Meinung dazu zu geben. Danke.
- PROLOG
Münchner Tageszeitung vom 29. Juli:
**Parker & Galcedon **
und ihr wunderbares Konzert im Olympiastadion
30’000 Besucher, so die Angaben des Veranstalters, sind gekommen, um eines der berühmtesten Folkpop-Duos der 70er und frühen 80er Jahre zu erleben. Und ein Wunschkonzert wird wahr. Alle Hits sind im Programm. Carl Parker und Dave Galcedon stehen für wunderschöne Melodien, welche die Texte tragen und zum Hörer bringen. Schlichte, leise Stimmung, die die musikalische Größe dieses Duos widerspiegelt.
57 Jahre haben sie auf dem Buckel, die beiden Freunde aus Teenagertagen. „Seit 4 Jahrzehnten kennen wir uns“, erzählt Dave Galcedon zu Anfang. „Und seit 38 Jahren streiten wir uns“, witzelt Carl Parker. Wie immer liegt ein Körnchen Wahrheit in solchen Scherzen. Denn 1982 haben sich die Wege der Musiker getrennt. Auf der „Friendship-Tour“, zu welcher das gestrige Konzert in München zählt, lassen sie die Vergangenheit musikalisch noch einmal aufleben.
Profis wie P&G wissen, dass man einen Auftritt vor großem Publikum nicht allein mit sinnstiftenden, in edlem Wohlklang vorgetragenen Liedern bestreiten kann. Am Ende des zweistündigen Konzerts lassen sie darum gemeinsam mit den übrigen Musikern mit zwei sehr poppigen Zugaben die Bühne des Olympiastadions beben. Leider geht damit ein Abend mit Hochstimmung, Hörgenuss und musikalischen Erinnerungen viel zu schnell zu Ende.
- TEIL I
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- 1.
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Biberach
Lilli, knapp 40 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, war einer der 30’000 Menschen, die am 28. Juli diesen wunderbaren Abend miterleben durften.
Obwohl das Konzert inzwischen Monate zurücklag, hatte sie nichts von dieser Nacht vergessen.
Was für ein Anblick! Diese vielen Menschen! Alle hatten gute Laune und freuten sich auf die Musik und den schönen Abend. Die Minuten verstrichen, niemand wurde ungeduldig. Die Atmosphäre war laut und lustig.
Als die beiden Musiker, zunächst einmal ohne Band, die Bühne betraten und Carl Parker auf seiner Gitarre die ersten Akkorde von ‚Friendship’ spielte, wurden die Fans auf einen Schlag still. P&G sangen, als wären seit ihrer letzten Tournee nicht über zwanzig Jahre vergangen.
Diese Stimmen, dieser Rhythmus, diese Freude – Lilli war bezaubert, überwältigt. An diesem Abend hatte sie ein Gefühl erfüllt, das sie damals nicht einordnen konnte. Sie wusste nur, dass es nicht ausschließlich die Musik war, die es hervorrief. Sie sah während der ganzen Veranstaltung zu Dave Galcedon und spürte, eine Wärme ihren Körper durchströmen, die nichts mit den lauen Temperaturen des Abends zu tun hatte.
Am Ende des Konzerts hatte sie eine Mitfahrgelegenheit, zurück in ihren Heimatort, wahrgenommen, obwohl sie lieber die laue Sommernacht genutzt hätte, um ein paar aufregende Stunden in München zu verbringen. Ihr Herz war voller Glück. Leider konnte sie sich diesen Wunsch nicht erfüllen. Sie musste zurückfahren und den Alltag wieder aufnehmen.
Wenigstens nach außen hin!
Dieser Alltag bestand, neben ihrem Mann, aus zwei Kindern, einem Hund und jeder Menge Arbeit.
Trotz ihrer vielfältigen Verpflichtungen und der doppelten Belastung durch Familie und Beruf, verließ sie dieses Glücksgefühl nicht mehr. Ständig hatte sie Davids Musik im Ohr. Entweder real von einer CD, oder aus der Erinnerung, aus ihrer Seele.
Lilli hatte erst nach einer ganzen Zeit verstanden, was mit ihr los war.
David Galcedon war ein Mann, der etwas in ihr zum Schwingen brachte wie kein anderer vorher. Sie hatte sich in ihn verliebt. Schwärmte wie ein Teenager für ihn.
Nachdem Lilli einmal soweit war, hatte sie die fixe Idee, David einen Brief zu schreiben. Sie sammelte alle Informationen über diesen Menschen, der sie faszinierte. Erfuhr, wie vielseitig er war. Außer seiner Musikerkarriere hatte er früher als Schauspieler gearbeitet und schrieb Gedichte.
Sie stöberte im Internet und fand ein paar Hinweise, die einer Adresse ziemlich nahekamen. Entdeckte sie zwar weder Straßenname noch Hausnummer, so glaubte sie doch, mit seinem berühmten Namen, dem richtigen Stadtteil von New York City und der passenden Postleitzahl eine reelle Chance zu haben, ihn zu erreichen.
Was sollte sie schreiben? Wie viele ihrer Gefühle konnte sie ihm mitteilen? Würde sie ihn nicht verschrecken? Es war ihr am allerwichtigsten ehrlich zu sein. Tagelang nahm sie den Text in jeder ungestörten Minute zur Hand, bis alles so klang, wie sie es sich vorstellte. Lilli füllte drei Bögen Briefpapier mit einer Mischung aus Ehrfurcht, Liebe und Freude, gewürzt mit einer gehörigen Prise frecher Anspielungen und Sexappeal. Am schwierigsten war es, es in Englisch so auszudrücken, dass der Wortwitz nicht verloren ging.
Einige Gedanken beschäftigten sie. Angenommen, sie würde David erreichen, würde er diese Verbundenheit zwischen ihnen ebenfalls empfinden? Würde er ein wenig neugierig auf sie werden? Würde es ihn interessieren, wie sie aussah? Mit Absicht hatte sie sich weder beschrieben, noch ein Foto beigelegt. Nicht, dass sie sich zu uninteressant fand, nein, aber der Brief sollte nicht wie die Antwort auf eine Kontaktanzeige wirken. Vielmehr hoffte Lilli, durch ihre offene Art einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Was ihre Familienverhältnisse anging, ließ sie ihn nicht im Unklaren. Er sollte genau soviel von ihr wissen, wie sie von ihm.
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- 2.
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New York City
„Guten Morgen Mr. G.“
„Wie geht es Ihnen Mrs. Sanchez?“ David lächelte seine Haushälterin an, die ihm die heutige Post auf den Schreibtisch gelegt hatte.
„Gut, danke. Und Ihnen?“
„Alles bestens. Ist meine Frau schon da?“
„Nein, sie ist wohl noch im Fitnessstudio. Möchten Sie jetzt frühstücken?“
„Etwas später, danke. Ich werde auf Eve warten.“
Als Mrs. Sanchez den Raum verlassen hatte, zog David den Stapel Briefe näher zu sich heran und betrachtete die einzelnen Kuverts. Werbung, Rechnung, Rechnung, ein Schreiben seines Agenten, Werbung und ein Umschlag, der ihm auf Anhieb nichts sagte. Er drehte ihn herum und suchte nach dem Absender. Eine Adresse in Deutschland? Die Schrift stammte eindeutig von einer Frau, sehr schwungvoll und mit einer Füllfeder geschrieben. Seine eigene Anschrift war nur zum Teil von dieser Hand notiert, und vom Postboten recht krakelig vervollständigt worden. Davids Interesse war geweckt. Normalerweise gelangte keine Fanpost zu ihm nach Hause. Autogrammanfragen und Ähnliches wurden direkt an das Büro des Agenten zugestellt, der einige Damen beschäftigte, um die Post seiner Klienten zu erledigen.
David griff nach dem Brieföffner und schlitzte den taubenblauen Umschlag auf, entfaltete drei Bögen des gleichfarbigen Briefpapiers und begann zu lesen. Während seine Augen über das etwas holperige Englisch glitten, musste er immer wieder schmunzeln. Aber nicht nur der Gebrauch der Sprache amüsierte ihn, auch der Inhalt traf einen Nerv bei ihm. Die Worte der Frau ließen eine knisternde Spannung entstehen. Unterschrieben hatte eine Lilli Lang. Der Name sagte ihm überhaupt nichts, aber an das Konzert in München im Sommer erinnerte er sich recht gut. Es war der vorletzte Auftritt in Europa und er und die anderen waren eigentlich schon ziemlich erschöpft von der Tour. Trotzdem hatte David sich speziell an diesem Abend besonders lebendig gefühlt.
Als er hörte, dass Eve die Wohnung betrat und ein paar Worte mit Mrs. Sanchez wechselte, legte er den Brief in die Schublade seines Schreibtischs und befasste sich mit der übrigen Post.