Würde Euch ein solcher Prolog neugierig machen?

Prolog aus “Wie mich das Leben zum Mörder machte”

„Bitte. Setzen Sie sich doch."

„Danke.", hauchte ich. Das Licht des Raumes blendete mich etwas als ich mich auf den Stuhl niederließ, der einsam in der Mitte des Raumes stand. Meine Augenringe waren kaum zu übersehen. Die Lehne war hart und nicht einmal ein Kissen. Warum müssen solche Stühle eigentlich grundsätzlich so ungemütlich sein? Steckt dort eine Absicht dahinter? Muss man es den armen Menschen, die hier sitzen müssen wirklich so ungemütlich wie möglich machen?

„Sie wissen, warum Sie hier sind?", begann eine Dame. Wie sie mir dort gegenüber saß, erinnerte mich an meine alte Lehrerin. Als sie den Aktenordner vor ihr aufschlug, blickte sie kurz zu mir auf und nahm mit einer komplizierten Handbewegung ihre Brille von der Nase. Das hässliche Band an den Bügeln baumelte herab. Es war ganz aus einem goldenen Stoff, der ein wenig funkelte, gefertigt und einfach nur hässlich.

Dieser Aktenordner, einer von vielen, die gedruckte Version meines Lebens. Eine Dokumentation von Ereignissen, die nicht nur mein Leben veränderten. Sie veränderten einen ganzen Ort. Was damals geschah zerstörte Leben und brachte Blut, Tränen und unendliches Leid über alle Beteiligten. Aber nicht die, die mir das angetan haben saßen hier. Nein, nur ich!

Wieder stieg Wut in mir auf doch ich hielt inne und antwortete brav.

„Natürlich." presste ich kleinlaut heraus.

„Dann erzählen sie mir bitte nochmal wie Sie denn die Sache jetzt sehen. Ich brenne darauf es nochmal zu hören." Der herablassende Ton ließ wieder Hass in mir aufsteigen. Wie konnte sich diese Person anmaßen, so mit mir zu reden? Sie hatte keine Ahnung, was in mir vorging. Nicht im Geringsten konnte diese affektierte, selbstgerechte Kuh sich ausmalen, wie es war. Dieses Wechselbad der Gefühle aus unzerstörbarer Liebe und bedingungsloser Hingabe bis hin zur Selbstaufgabe auf der einen und unendlichem Leid auf der anderen Seite. Wie es ist heute hier zu sitzen und alles noch einmal zu durchleben. Ausgeliefert einem Tribunal, das über die Zukunft zu entscheiden hat. Ich atmete tief ein und aus. Sauerstoff durchflutete meine Lungen und gab mir den Atem, den ich benötigte mit fester Stimme zu antworten.

Ich schloss meine Lider und die Bilder vor meinem geistigen Auge wurden immer klarer. Wie ein Film liefen sie vor mir ab. Noch heute spüre ich jede Emotion, jeden Eindruck, ja sogar die Sonnenstrahlen auf meiner Haut, als wäre es gestern gewesen. Die Welt um mich herum wurde immer dunkler und ich tauchte wieder in das ein, was geschehen war. Dem Anfang von Liebe, Schmerz, Hass, Wut, Trauer. Dem Anfang von einfach Allem, was mich heute definierte. Trotz dieser Last oder gerade deswegen begann ich bereitwillig meine Geschichte zu erzählen. Ich versuchte mein Umfeld zu vergessen und begann mit meiner Erzählung. Dieses Mal wollte ich kein Detail auslassen. Zu lange hatte ich geschwiegen und denen, die mir etwas bedeuteten, weh getan. Zu lange schon trug ich die wahren Gründe für mein Tun tief verborgen in mir.

Doch springen wir zum Anfang…

Nein.

In der ersten Zeile weiß ich überhaupt nicht, wer spricht.

Dann im zweiten Satz dieser so typische Fehler, der mir mittlerweile (auch bei mir selbst) so häufig begegnet ist, dass er mich einfach nur aggressiv macht: Punkt im gesprochenen Wort vor dem Anführungszeichen entfällt.
Dann fehlt ein Komma nach dem etwas, worüber ich als nächstes stolpere, und den Höhepunkt bildet für mich der Satz: Die Lehne war hart und nicht einmal ein Kissen. Das ist gleichbedeutend mit der Aussage Die Lehne war kein Kissen und warum bitteschön sollte eine Lehne ein Kissen sein? Eine Lehne ist vielleicht gepolstert, aber kein Kissen.
Da bin ich dann allerspätestens raus.

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Danke für den Hinweis. Ich werde ihn einarbeiten.

Mir geht es wie @Ingo S. Anders

“Danke” reicht. Es ist klar, wer spricht. Versuche, Inquits so sparsam wie möglich zu verwenden.
Inquits sind Begleitsätze der direkten Rede. Z.B. “er sagte”, “antwortete sie”, “gab mein Vater zurück”.
Der Beste Dialog kommt ohne Inquits aus (das musste ich auch erst lernen :)).

Wer? Die (Pflicht-)Verteidigerin? Rechtsanwältin?

Meiner Meinung nach passt das nicht so recht zu einem Mörder. Das klingt für mich ein wenig nach “Pflänzchen”. Ist er/sie das?
Ich würde im Prolog auf die Charakterisierung verzichten.

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Danke für das Feedback.
Ich hatte im Vorfeld die Texte mal gegenlesen lassen. Dort belehrte man mich, dass ich klar machen sollte, wer spricht und habe deswegen die Inquits reingenommen.

Der Prolog im Ganzen soll auch im offen halten, wer genau wo sitzt.
Die Intention war, dass der Leser erst sehr langsam sieht, was dort gerade vor sich geht. Wie eine Nahaufnahme, die langsam größer zieht.

Was wäre denn (ungefähr) eine gute Herangehensweise an diese Szene?

Ja, er ist an diesem Punkt gebrochen, ohne jeglichen Rückhalt und völlig allein.

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Vielleicht so:

"Bitte setzen Sie sich, Herr … ", sagte die Dame und deutete auf den Stuhl in der Mitte des Raumes.

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Klingt schlüssig. :wink:

Den Familiennamen habe ich bewusst ausgespart, um, trotz der höflichen Formulierung, eine gewisse Gleichgültigkeit seiner Gegenüber zu vermitteln.

Und um ehrlich zu sein. Sie war extrem unsympathisch und hat sich einen Dreck für mich interessiert.

„Bitte. Setzen Sie sich doch."
Wenn Du einen Prolog so beginnst, dass Du dem Leser keinen einzigen Hinweis darauf gibst, wer spricht und der Leser auch keine Ahnung haben kann, wer es sein könnte, weil er zu Beginn des Romans noch keine Figuren kennen gelernt hat, riskierst Du, viele Leser gleich am Anfang wieder zu verlieren. Zudem ist der Satz für einen allerersten Satz, der den Leser ködern soll, nicht sehr originell.

„Danke.Punkt weglassen. Der Satz ist erst nach dem Inquit zu Ende", hauchte ich. Das Licht des Raumes blendete mich etwasKomma (Hier wird ein Nebensatz eingeleitet.) als ich mich auf den Stuhl niederließ, der einsam in der Mitte des Raumes stand. Meine Augenringe waren kaum zu übersehen. Dies ist aus meiner Sicht ein Perspektivfehler. Wenn der Ich-Erzähler sich hier nicht gerade im Spiegel betrachtet, kann er seine Augenringe nicht sehen. Und wenn er vorher schon wusste, dass er welche hat und ihn das stört, warum hat er nichts getan, um sie zu kaschieren? Die Lehne war hart und es gab nicht einmal ein Kissen, um sie abzupolstern. Warum müssen Hier würde ich im Präteritum bleiben - wie der Erzähltext auch; also: mussten solche Stühle eigentlich grundsätzlich so ungemütlich sein? Steckte (dito) dort eine Absicht dahinter? Musste man es den armen (Die Schlussfolgerung, dass es sich um arme Menschen handelt, sollte lieber der Leser selbst ziehen. Zeige lieber, warum die Menschen dort so arm sind.) Menschen, die hier sitzen müssen mussten (vielleicht lieber umformulieren, um Wortwiederholung zu vermeiden.) wirklich so ungemütlich wie möglich machen?

„Sie wissen, warum Sie hier sind?", begann eine Dame. Ich muss gestehen, dass ich bis hier her nicht sehr gerne gelesen habe. Ich kann mich nur schlecht orientieren. Dabei müsste der Ich-Erzähler doch wenigstens eine Ahnung haben, wo er sich befindet und warum. Und was für eine Dame er in etwa vor sich hat. Und das sollte der Leser auch wissen. Wenn Du aus der Ich-Perspektive erzählst, ist der Leser der Figur so nahe wie es nur geht. Es wirkt künstlich, aus dieser Perspektive Informationen zu unterschlagen, um die Szene spannender erscheinen zu lassen. Wenn Du das willst, solltest Du lieber eine andere Perspektive wählen. Das, was der Ich-Erzähler denkt und fühlt, sollte der Leser auch wissen. Anders ist es mit den Gedanken und Gefühlen anderer Personen. Darüber kann der Ich-Erzähler nur spekulieren und diese aus der Mimik und Gestik der anderen Figuren herauslesen. Da ist es nicht künstlich, wenn Informationen nicht gleich übermittelt oder vielleicht missverstanden werden. Wie sie mir dort gegenüber saß (gegenübersitzen: laut Duden: Zusammenschreibung!), erinnerte sie mich an meine alte Lehrerin. Als sie den Aktenordner vor ihr aufschlug, blickte sie kurz zu mir auf und nahm mit einer komplizierten Handbewegung ihre Brille von der Nase. Das hässliche Band an den Bügeln baumelte herab. Es war ganz aus einem goldenen Stoff gefertigt (Mit eingeschobenen Nebensätzen den Hauptsatz so wenig wie möglich auseinanderreißen), der ein wenig funkelte, gefertigt und einfach nur hässlich. Auch dieses Urteil solltest Du lieber dem Leser überlassen. Zeige, wie es ist, aber urteile nicht. Sonst fühlt sich der Leser bevormundet.

Ich finde es ein wenig schade, dass Du die Ich-Perspektive hier nicht richtig ausnutzt. Jede Erzählperspektive hat ihre Vor- und Nachteile. Und diese sollte man genau kennen, bevor man sich für eine entscheidet, und diese dann auch richtig nutzen. Wie ich weiter oben schon geschrieben habe, liegt die Stärke der Ich-Perspektive darin, dass man der Erzählfigur sehr nahe ist, vor allem, was Gedanken und Gefühle angeht. Diese Seite unterschlägst Du aber fast vollkommen. Deine Beschreibungen der Figuren und der Umgebung sind sehr nüchtern. Man kommt dem Ich-Erzähler nicht nahe, weil man nicht weiß, wie er sich in dieser Situation fühlt. Hat er Angst? Oder ist ihm die Sache gleichgültig? Müsste er nicht eigentlich darüber nachdenken, warum er hier ist und die Ereignisse vor Beginn der Geschichte Revue passieren lassen, wenn die Dame ihn schon danach fragt, auch wenn er ihr gegenüber nicht darauf antworten möchte?

Dieser Aktenordner, einer von vielen, die gedruckte Version meines Lebens. Eine Dokumentation von Ereignissen, die nicht nur mein Leben veränderten. Sie veränderten einen ganzen Ort. Was damals geschah zerstörte Leben und brachte Blut, Tränen und unendliches Leid über alle Beteiligten. Auch hier lässt Du den Leser wieder im Dunkeln, was für mich unnatürlich wirkt, denn der Erzähler weiß, was da passiert ist und er denkt sicher auch gerade in diesem Moment daran, aber er offenbart es dem Leser nicht. Das ist keine echte Ich-Perspektive.
Das ist ein bisschen so, als würde ich Dir sagen: “Bitte denke jetzt nicht an einen rosafarbenen Elefanten.”
Natürlich denkst Du sofort an einen. Das geht gar nicht anders. Und das könntest Du, wenn Du jetzt gerade Ich-Erzähler wärst, einem Leser eigentlich auch nicht vorenthalten.
Doch genau das tust Du: Du enthälst dem Leser die wichtigen Informationen vor. Ich würde dem Leser entweder mehr Infos geben, oder die Perspektive wechseln, damit die vorenthaltenen Infos nicht unnatürlich wirken.
Aber nicht die, die mir das angetan haben saßen hier. Nein, nur ich!

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Wieder stieg Wut in mir Wie äußert sich das? Show, don’t tell! Fängt er an zu schwitzen? Beißt er die Zähne zusammen? Ballt er die Fäuste? Lass den Leser an dieser Wut teilhaben und gib ihm auch die nötigen Infos, um diese Wut zu verstehen. Zumindest aber solltest Du längst aufgedeckt haben, wo er sich befindet: in einem Gerichtssaal? In einem Polizeirevier? Und dann könnte man auch die Dame etwas besser einordnen. Ist es eine Richterin? Oder eine Polizistin? etc. auf doch ich hielt inne und antwortete brav.

„Natürlich." presste ich kleinlaut heraus.

„Dann erzählen sie mir bitte nochmalKomma wie Sie denn die Sache jetzt sehen. Ich brenne darauf es nochmal zu hören."
Absatz. Der herablassende Ton ließ wieder Hass in mir aufsteigen. Auch hier wieder: Wie äußert sich der? Wie konnte sich diese Person anmaßen, so mit mir zu reden? Sie hatte keine Ahnung, was in mir vorging. Aber ich als Leserin habe auch keine Ahnung. Und das ist viel schlimmer. Nicht im Geringsten konnte diese affektierte, selbstgerechte Kuh sich ausmalen, wie es war. Auch dieses Urteil über die Dame lässt mich bisher kalt. Ich kann nicht beurteilen, ob es gerechtfertigt ist. Ich weiß nicht mal, welchen Beruf diese Dame ausübt. Aus meiner Sicht ist es eine Dame, die offenbar ihren Job macht. Dass sie herablassend ist, kann ich nicht nachempfinden, weil es hier nur erzählt, aber nicht gezeigt wird. Ich weiß auch nicht, ob sie eine affektierte Kuh ist, denn auch dafür gibt es keine Beispiele, keinen emotionalen Zugang. Dabei gäbe es für einen Ich-Erzähler so viele Möglichkeiten mit der Differenz zwischen dem, was er sagt und dem, was er denkt und fühlt, zu spielen. Dieses Wechselbad der Gefühle aus unzerstörbarer Liebe und bedingungsloser Hingabe bis hin zur Selbstaufgabe auf der einen und unendlichem Leid auf der anderen Seite. Gleiches Problem. Ich kann das nicht nachvollziehen, weil ich null Informationen habe. Ich weiß nur, dass er auf einem unbequemen Stuhl in einem Raum sitzt und dass da eine Dame ist, die er offenbar nicht mag. Ich weiß nicht, warum er da ist, wo er genau ist, wer diese Dame ist (Name ist nicht so wichtig wie Funktion) und ich weiß nicht, was geschehen ist und von was für Leid er da spricht. Du musst nicht alles auf einmal enthüllen, sondern solltest das häppchenweise tun, damit die Spannung erhalten bleibt, aber etwas musst Du dem Leser anbieten, sonst legt er das Buch zur Seite. Wie es ist heute hier zu sitzen und alles noch einmal zu durchleben. Ausgeliefert einem Tribunal, das über die Zukunft zu entscheiden hat. Ich atmete tief ein und aus. Sauerstoff durchflutete meine Lungen und gab mir den Atem, den ich benötigte mit fester Stimme zu antworten.

Ich schloss meine Lider und die Bilder vor meinem geistigen Auge wurden immer klarer. Wie ein Film liefen sie vor mir ab. Noch heute spüre ich jede Emotion, jeden Eindruck, ja sogar die Sonnenstrahlen auf meiner Haut, als wäre es gestern gewesen. Die Welt um mich herum wurde immer dunkler und ich tauchte wieder in das ein, was geschehen war. Dem Anfang von Liebe, Schmerz, Hass, Wut, Trauer. Dem Anfang von einfach Allem, was mich heute definierte. Trotz dieser Last oder gerade deswegen begann ich bereitwillig meine Geschichte zu erzählen. Ich versuchte mein Umfeld zu vergessen und begann mit meiner Erzählung. Dieses Mal wollte ich kein Detail auslassen. Zu lange hatte ich geschwiegen und denen, die mir etwas bedeuteten, weh getan. Zu lange schon trug ich die wahren Gründe für mein Tun tief verborgen in mir.
Das würde ich alles streichen, weil es weder konkrete Informationen liefert, noch dem Leser einen emotionalen Zugang bietet. Es ist - verzeih mir die Ausdrucksweise - Gelaber. Damit verlierst Du den Leser.

Doch springen wir zum AnfangLeerzeichen, wenn Du das Wort nicht mittendrin abschneidest! …

Lieber Flip,
ich denke, ich habe Dein Anliegen verstanden. Du betrachtest den Prolog als eine Art Rahmenhandlung, die als Auftakt für die eigentliche Romanhandlung dienen soll, die dann als Rückblende erzählt wird.
Bedenke, dass es Leser gibt, die Prologe nicht gern mögen. Und dass Du es Dir selbst schwer machst, weil Du den Leser nun zweimal ködern musst: einmal im Prolog (was Dir bei mir leider noch nicht gelungen ist) und einmal dann im ersten Kapitel.
Wenn Du mich als Leserin ködern willst, musst Du mehr Informationen liefern, wo sich die Szene abspielt und wer die beteiligten Figuren sind. Und auch schon einen Einblick darin geben, was früher passiert ist, damit ich als Leserin neugierig werde.
Leider sagt Dein Prolog in Bezug auf die Handlung noch nichts aus. Und deshalb weiß ich noch nicht, warum ich weiterlesen sollte.

LG
Pamina

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Ein riesen Dankeschön für diese produktive Kritik Euch Allen.
Ich denke, man merkt, dass es, in dieser Form, mein Erstling ist.
Daher bitteich die erfahrenen Handwerker um Verzeihung.

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Hey, wofür denn?
Keiner hier ist mit dem Wissen auf die Welt gekommen, wie mans richtig macht, vor allem, weils gerade in der Schreiberei oft wesentlich mehr als nur ein einziges ‘richtig’ gibt.
Try & Error sind da unverzichtbare Begleiter, und eben ein Forum mit engagierten Testlesern, wo man gnadenlos und trotzdem konstruktiv auf mögliche Schwachstellen hingewiesen wird.

Pamina hat hier schon alles sehr gründlich und ausführlich angemerkt, wo ich auch drüber gestolpert bin, ich warte dann mal auf die nächste Fassung ;).

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Ich glaube, dass man dem Leser nicht alles sofort auf die verwöhnte Nase binden muss. Ein bißchen denken ist dem geneigten Interessierten durchaus zuzumuten, außerdem sagt der Titel “Wie mich das Leben zum Mörder machte” schon eine Menge aus. Warum sollte ich mich jetzt noch fragen, warum der Held da sitzt, wo er eben sitzt? Er wird wohl Jemanden gekillt haben… Die unklaren Aussagen müssen nicht irreführend sein, sie können auch Spannung aufbauen, so daß sich der Leser fragt, was denn da passiert ist. Ein Prolog ist ja eine Vorgeschichte. Ich nehme an, nein, ich bin ganz sicher, daß der Held nach dem Prolog beginnt, die ganze Geschichte in allen Details zu erzählen.

Ich glaube nicht, daß die Verteidigerin von Heldi so mit ihrem Mandanten spricht, es wird also ein Vertreter der Exekutive sein, Polizei, Staatsanwaltschaft. Für mich eine klare Sache. Für Euch nicht? Ich verstehe auch nicht, warum der Hintergrund einer Geschichte immer komplett erklärt werden muß, da könnte ich ja den eigentlichen Roman schlicht weglassen und nur noch eine Interpretation oder Inhaltsangabe schreiben. Aber das will ja keiner. Oder doch?
Es gab mal in den Sechzigern von Readers Digest Romane in Kurzform, damit man auf der Cocktailparty mitreden konnte, ohne die ganzen 300 Seiten durchzuziehen, sozusagen Literatur für den freizeitarmen Geschäftsmenschen. Das ergab doch tatsächlich vier Romane auf 200 Seiten. Die blanke Kastration. Es gibt eine Kurzfassung von “Die Glocke” von Schiller, glücklicherweise nicht ernst gemeint:
“Loch jebuddelt, Eisen rin,
Glocke fertig, bimbimbim!”
Das kanns ja wohl nicht sein. Ich persönlich hätte gerne mündige Leser, die nicht einfach konsumieren, sondern mitdenken.
Deine Satzstellung, verehrter FlipHendersen, müßte wohl noch einmal nachgeschliffen werden, keine Frage. Ich empfehle, den Roman jemandem laut vorzulesen, der Zuhörer wird sich dann schon melden, wenn er etwas nicht versteht.
Ich muß auch noch einmal eine Lanze für die Erzähler brechen.
Es heißt immer, show ist besser als tell. Dem kann ich nicht zustimmen und in der Literatur gibt es viele Erzähler, die große Literaten waren. Wie beispielsweise Siegfried Lenz. Ich bin ein großer Fan seiner Romane und Kurzgeschichten. Es läßt sich auch einfach nicht immer alles zeigen, da muß man erzählen. Ich halte eine gute Mischung von Beidem - nicht zwingend fifty-fifty - für die ideale Lösung. Lesetechnisch ergibt das auch eine schöne Abwechslung für den geneigten Leser. Ziel ist es ja, den Leser an der Story zu halten, im Flow, sodaß er locker

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Ich verstehe durchaus, was Du meinst und im Grunde stimme ich Dir zu. Es ist eine Gratwanderung zwischen Neugierigmachen und Informationen verbergen.
Gerade bei einem Ich-Erzähler finde ich es unnatürlich, wenn er selbst Dinge weiß und auch offenbar gerade über diese Dinge nachdenkt, sie dem Leser aber vorenthält, obwohl dieser sich ja quasi in seinem Kopf aufhält.
Mir war es überhaupt nicht klar, was ein Stuhl in einem Zimmer und eine unfreundliche Dame zu bedeuten haben. Es hätte auch ein Agent sein können, der einen neuen Auftrag bekommt. Es hätte auch ein Oberstufenschüler in einem Gymnasium der 50er Jahre sein können, der gleich die Nachricht erhält, dass seine Eltern tödlich verunglückt sind.
Der Buchtitel darf nicht ausschlaggebend bzw. notwendig sein, um den Anfang des Romans verstehen zu können. Häufig erschließt sich der Buchtitel erst, wenn man den gesamten Roman kennt.
Zu Beginn möchte ich wenigstens das Thema wissen, um für mich abschätzen zu können, ob ich es interessant finde und wie ich bestimmte Dinge einordnen soll.
Ich möchte mich nicht ständig fragen müssen, wer ist hier eigentlich wer?
Sondern würde mir lieber Fragen stellen wie: "O.K., das spielt in einer JVA. Wie mag der Typ da hingekommen sein? Was will die Frau von ihm? Wie kommt er da wieder raus? etc. Das sind für mich spannendere Fragen als solche, die in alle Richtungen gehen, weil ich gar keinen Anhaltspunkt habe außer einem unbequemen Stuhl.
Mir ist übrigens eben erst aufgefallen, dass weiter unten steht:

Das hatte ich vorher überlesen.
Eine Dame? Heißt das, in dem Raum sind noch mehr Damen? Oder noch mehr Personen? Dann fände ich auch das etwas unnatürlich, denn der Ich-Erzähler hätte ja alle Anwesenden im Raum auf einmal sehen können und wüsste, dass sie da sind. Nur ich wüsste das nicht, obwohl ich ja in seinem Kopf bin. Bei einem personalen Erzähler der Er/Sie-Perspektive würde ich vom Erzähler huckepack genommen. Ich wäre also nicht ganz so dicht an ihm. Und bei einem auktorialen Erzähler würde ich mal dichter mal entfernter von ihm durch die Szene laufen.
In einem Film wäre es auch ziemlich schwierig, das so darzustellen wie in dem Prolog. Die Anzahl der Personen vorenthalten, das Dekor nicht zeigen, sodass man gar nicht weiß, in was für einer Art Zimmer man sich befindet etc. Das kann man mit einer Kamera vielleicht mal für einen kurzen Moment machen, aber nicht über längere Zeit. Dann müsste man wohl auf sämtliche Überblicksaufnahmen verzichten.
Aber gerade das wollen wir ja mit dem Schreiben erreichen: Kopfkino im Leser erzeugen. Der Leser soll sich ein Bild vorstellen können, zumindest von den wichtigsten Figuren und von dem Schauplatz. Darum verwendt man Show, don’t tell. Wenn ich den Leser nur raten lasse und gar keine Lesererwartung wecke, ist das genauso schlecht, wie wenn ich von Anfang an gleich alles erzähle und verrate.
Ich habe für mich ein bisschen die Faustregel gefunden: neugierige Fragen des Lesers zum Thema und zu den ersten Informationen sind gut. Wildes Rätselraten, worum es hier gehen könnte, ist nicht so gut. Denn das ist kein entspanntes Lesen mehr.
Ich würde dem Leser am Anfang schon ein Bild vermitteln, damit er geködert wird, denn der Anfang ist die sensibelste Stelle im Roman. Später, wenn die Figuren schon bekannt sind und der Leser geködert ist, kann man sich eher leisten, etwas rätselhafter zu sein.

LG

Pamina

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Das mag ja sein, aber in diesem Fall sagt der Titel des Romans ja aus, worum es geht. Ich glaube nicht, daß Heldi in einem Altenheim sitzt oder auf dem Rummelplatz. Wenn Du das im Allgemeinen beanstandest, ist es ja okay, aber hier ist es anders, der Titel ist ja nun mal da, deswegen halte ich Deinen Einwand für echt irrational. Du beziehst Dich auf etwas, was nicht gegeben ist. Verstehe ich nicht.

Wenn ich mich im Kopf eines anderen befinde, würde ich wahrscheinlich nicht die Häfte von dem verstehen, was darin vorgeht. Wenn der Held davon ausgeht, daß Du in seinem Kopf bist, würde er Dir dann alles haarklein erzählen, bzw. so denken, daß es jemand anderer versteht. Tut er aber nicht. Davon abgesehen ist Heldi offenbar in einer emotionalen Ausnahmesituation, traumatisiert, Mord und Totschlag und Blut, wie er erwähnt.
Wer kann da schlüssig erzählen? Und dadurch, daß er etwas wirr ist, bestärkt das meiner Ansicht nach auch seine Lage, an der der Leser teilhaben kann, Angst, Panik, ausgeliefert sein. Man kann natürlich eine Geschichte im Nachhinein, wenn man alles verarbeitet hat, die Bösen im Knast oder unter der Erde sind und Heldi einen Cocktail unter Palmen schlürft, erzählen. Mit Abstand, mit Bewertung, weise und sonnengebräunt. Wenn Jemand auf mich schießt denke ich jedoch in diesem Augenblick nicht “Hoppla, das ist ja lange nicht passiert!”

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Ich denke narratöör trifft es ganz gut.
Als ich damals da saß, empfand ich es bereits als Provokation alles erzählen zu müssen. Meine Gegenüber kannte die ganze Aktenlage, jedes Detail und zwang mich alles nochmal zu erleben bzw. zu erzählen.
Es ging dort einfach nur darum mich so weit zu bringen, wieder auszurasten. Denn das hätte bedeutet, dass ich nicht mehr ans Tageslicht komme, sondern irgendwo in Therapie vergammelt wäre. So mein Gedanke damals.
Heute weiß ich, dass das Schwachsinn war. Ich wäre so oder so raus gekommen. Die Frage war halt nur ob mit oder ohne Therapieverpflichtung.

Meine Gedankenwelt beschränkte sich darauf, dass ich einen Menschen getötet, alle meine Freunde, mein Kind verloren, meine Famile und Kameraden gedemütigt und alles, was mich ausmachte verraten hatte.

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Wenn man allerdings bei einem Verlag veröffentlichen will, hat man als Autor nur wenig bis keinen Einfluss auf den Titel. Also würde ich mich nicht darauf verlassen, dass der Titel zum Verständnis notwendig ist.

Der Held geht nicht davon aus. Es geht dabei um die Erzählperspektive. Und die wird vom Autor gesteuert.

LG
Pamina

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Hallo Flip,

nein, der Prolog würde mich nicht neugierig machen. Was mich betrifft, ist das auch nicht weiter schlimm, da ich Bücher immer irgendwo mittendrin anlese und sich dort das Lesen entscheidet.
Ich habe aber auch schon viel Uninteressanteres gelesen, dass einen Verlag bekommen hat.

Die Frage, die sich mir stellt: Braucht es einen Prolog?
Ein Prolog wird in der Regel abgelehnt, wenn das was er vermittelt, ein eigenes Kapitel darstellt.
Die Szene, die Du erzählen möchtest, kann durchaus aus Prolog wahrgenommen werden, auch wenn du es explizit nicht so benennst. Sie ist aufgrund der Zeitspanne von der eigentlichen Handlung losgelöst.

Der Titel kann sich noch ändern, egal ob du selbstverlegst oder mit einem Verlag.
Du solltest also während diesem Gespräch, das wichtigste Detail bereits nennen: Dein Protagonist ist ein Mörder.

Ich denke mir, der Beginn ist dem „sofort in die Szene eintauchen“ geschuldet. Einer der Hinweise, die ihre Berechtigung haben – allerdings nicht immer (meine Meinung). Du willst Deinen Protagonisten dem Leser vorstellen. Wichtig sind zu diesem Zeitpunkt sein Empfinden und seine herausstechende Charaktereigenschaft. Tu das mit der Kamera, die deine Intention war. Schalte sie gleich zu Beginn ein.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es zunächst der Raum ist, der einem auffällt, sobald man zu einem unguten Gespräch gefordert wird. Das eigene Empfinden ist, was der Verhörende / der Gesprächspartner bei einem bemerkt und entsprechend seine Gesprächstaktik wählt.
Lass die Kamera laufen – aus Sicht Deines Protagonisten. Zeige den Raum in der Großaufnahme. Ist es ein Büro? Was hängt an der Wand; wie riecht die Luft; wie ist das Licht - gedämpft, grell von einer Lampe, Tageslicht durch ein Fenster? Ist es ein Verhörzimmer? Dann wird der berühmte Spiegel gezeigt, von dem jeder weiß, dass dahinter jemand steht, der beobachtet. Ansonsten die gleichen Fragen.
Ist Dein Protagonist ein Charakter, der ein friedliebender Mensch ist und fühlt er Reue, dann wird er sich bedroht fühlen. Fühlt er sich im Recht, weil, dass Leben ungerecht zu ihm war, trifft wahrscheinlich alles gleichgültig auf ihn ein. Projiziere die Bilder in die Gefühlswelt Deines Protagonisten.

Du bringst es zwar in Textschnipseln, allerdings wirr. Ich kann ihn nicht einordnen. Er haucht und ist kleinlaut - für mich ängstlich. Er ist hämisch - für mich überheblich.
Wenn du mich fragst, wodurch Du mich verloren hättest: genau deswegen.

Das Nächste, was einem auffällt, ist der oder die Vehörende:thumbsdown: / Gesprächspartner.
Zoome mit der Kamera auf die Dame.
Stelle sie dem Leser vor. Dem Text nach kennt Dein Protagonist sie. Du kannst ihren Namen und ihre Funktion nennen.
Was die Aufforderung betrifft, dass Dein Protagonist sich setzen soll: Auch ein Pflichtverteidiger oder ein böser Bulle wird immer das Mindestmaß an Höflichkeit wahren, und Herrn Soundso bitten, sich zu setzen.
Durch das Hervorheben der Form ist man dem anderen zudem überlegen, da man ihm signalisiert: Ganz gleich, was du verbrochen hast, ich stelle mich nicht auf deine Stufe.

„kompliziert“ liest sich für mich hier komisch. Vielleicht umständlich oder das sich die Bügel in den Haaren verheddern. Oder du lässt die Bewegung weg, wenn die Dame nicht eine für die Geschichte wichtige Person ist, in deren Eigenheiten eingeführt werden soll.

Was mich auch irritiert hat, war die einerseits kühle, aggressive Atmosphäre, die du vermitteln möchtest, und dann bildhafte Sprache.

Ich habe weder gegen das Eine noch das Andere etwas einzuwenden, und Figuren können einmal so empfinden und einmal so; allerdings mag ich es nicht, wenn es innerhalb einer Szene vermischt wird.

Lass es weg.
Er beginnt zu erzählen, das reicht.

Grüßle
Schleifi

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So, ich habe ein wenig gearbeitet und auch mit anderen geredet.
Es gab da sehr verschiedene Meinungen. Einige pro Prolog, andere Kontra. Ein paar für mehr Aussicht im Prolog, andere wiederum für weniger. Ist halt so.
Vorab: Ich weiß, dass ich Schwächen habe und danke auch für die Hinweise.
Weiter ist bisher der Text noch durch kein Lektorat, Korrektorat etc, gegangen.
Vielleicht habe ich ja den Prolog deutlich zu früh veröffentlicht? Mag sein. Aber ich hatte vor mich einfach nur in diesem Forum zu beteiligen.
Und das geht raus, an die Person, die mich auch per PM angeschrieben hat und denkt, dass ich „zu unbegabt sei ein solches Thema zu behandeln“. Dir sei gesagt: Dieser Roman ist mein Leben! Wenn einer etwas darüber sagen kann, dann ich! Und den Mut zu haben seine Geschichte niederzuschreiben, sich zu offenbaren und so weit zu öffnen, möchte ich gerne von Dir erleben! Ich stehe am Anfang und lerne. PUNKT!

Hier nun der erneuerte Prolog:

Prolog

Abteilung für forensische Psychiatrie, JVA Hövelhof

„Bitte. Setzen Sie sich doch“, wies mich die Dame am Ende des Raumes an und deutete auf den Stuhl in der Mitte des Raumes.

„Danke“, erwiderte ich und nahm blinzelnd Platz.

Hier drinnen war es zu hell für meinen Geschmack. Schuld waren die letzten Nächte. Ich hatte zu wenig geschlafen und meine Augenringe waren der sichtbare Beleg dessen. Vielleicht spürte ich deswegen auch die harte Lehne im Rücken und die ungepolsterte Sitzfläche deutlicher, als es im ausgeruhten Zustand der Fall gewesen wäre. Oder steckte dahinter gar eine Absicht? Egal, es saß sich definitiv unbequem.

„Kommen wir zu Ihrer psychologischen Bewertung. Bereit?“

Wie sie mir dort gegenübersaß, erinnerte sie mich an meine alte Lehrerin. Als sie den Aktenordner vor ihr aufschlug, blickte sie kurz zu mir auf und nahm mit einer komplizierten Handbewegung ihre Brille von der Nase. Das Band an den Bügeln baumelte herab.

Dieser Aktenordner, einer von vielen, die gedruckte Version meines Lebens. Eine Dokumentation von Ereignissen, die nicht nur mein Leben veränderten. Sie veränderten einen ganzen Ort. Meine Tat zerstörte Leben, brachte Blut, Tränen und unendliches Leid über alle Beteiligten. Aber nicht diejenigen, die mich dazu getrieben haben saßen hier. Nein, nur ich!

Mein Puls raste, ich ballte meine Hände zu Fäusten und die Kette zwischen meinen Handfesseln spannte sich. Doch dieses Mal hatte ich mich besser unter Kontrolle und antwortete brav.

„Natürlich.“

„Dann erzählen sie mir bitte, wie Sie denn die Sache jetzt sehen. Ich brenne darauf es nochmal zu hören.“

Wieder schoss mein Puls in die Höhe und ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen. Deutlich, wie Trommelschläge, fühlte ich es in meinen Adern pumpen. Jeder Muskel meines Körpers spannte sich an.

Sie hatte keine Ahnung, was in mir vorging. Bis zu diesem Termin, und sogar während der Verhandlung, hatte ich über meine damaligen Beweggründe geschwiegen. Niemand wusste, was ich wirklich gefühlt hatte. Ein Wechselbad der Gefühle aus unzerstörbarer Liebe und bedingungsloser Hingabe bis hin zur Selbstaufgabe auf der einen und unendlichem Leid auf der anderen Seite. Diese Psychologin konnte nicht wissen, wie es ist heute hier zu sitzen und alles noch einmal zu durchleben. Verdammt, ich hatte sie geliebt, mehr als Alles auf der Welt. Ich glaube sogar ich liebte sie damals mehr, als mich selbst. Doch all das wurde mir genommen.

Ich atmete tief ein und aus. Sauerstoff durchflutete meine Lungen und gab mir den Atem, den ich benötigte mit fester Stimme zu antworten.

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Lasst das Zerstückeln beginnen.

Frohe Ostern.

Yeah, holen wir das Tranchiermesser g ;):

„Bitte. Setzen Sie sich doch.“, wies mich die Dame am Ende des Raumes an und deutete auf den Stuhl in der Mitte des Raumes.
Der Punkt nach dem ‘doch’ gehört weg und der nach dem ‘Bitte’ würde ich auch streichen.

„Danke“, erwiderte ich und nahm blinzelnd Platz.
Das ‘erwiderte ich’ würde ich streichen, es ist klar, dass ‘ich’ das sagt. Mit Inquits würde ich eh sehr vorsichtig umgehen und die Dinger weglassen, wo es nur geht, sie neigen einfach dazu, das Geschehen zu verlangsamen und im schlimmsten Fall regelrecht auszubremsen.
«Danke.» Ich nahm blinzelnd Platz.

Hier drinnen war es zu hell für meinen Geschmack. Schuld waren die letzten Nächte. Ich hatte zu wenig geschlafen und meine Augenringe waren der sichtbare Beleg dessen.
Das dreimalige ‘war’ liest sich etwas holperig, würde nach Alternativen schauen.
Mögliches Beispiel:

‘Hier drinnen war es zu hell für meinen Geschmack. Kein Wunder, die letzten Nächte hatte ich zu wenig geschlafen, was auch meine Augenringe eindrucksvoll bewiesen.’

„Kommen wir zu Ihrer psychologischen Bewertung. Bereit?“
Ich bin mir nicht sicher, aber sie erscheint mir etwas sehr kurz angebunden. Vielleicht wäre hier ein «Sind Sie bereit?» besser.

Als sie den Aktenordner vor ihr aufschlug,…
Das ‘vor ihr’ sollte weg, so klingt es ein bisschen seltsam und so, als würde sie Eier aufschlagen. Alternativ ginge auch ein Nebensatz, z.B. ‘Als sie den Aktenordner aufschlug, den sie vor sich auf dem Tisch liegen hatte, …’

… blickte sie kurz zu mir auf
Das ‘auf’ beißt sich hier mit dem ‘aufschlagen’. Sowas sind immer nur Kleinigkeiten, aber genau die machen es oft aus, wie angenehm und flüssig sich ein Text liest.

… haben saßen hier.
Komma nach ‘haben’.

„Dann erzählen sie mir bitte, wie Sie denn die Sache jetzt sehen. Ich brenne darauf es nochmal zu hören.“
Das erste ‘sie’ ebenfalls groß und ein Komma nach ‘darauf’.
Auch hier finde ich die Wortwahl für eine Therapeutin etwas unpassend, ich denke nicht, dass sie in einer solchen Situation ‘ich brenne darauf’ sagen würde.
Sowas wie
«Ich würde es gerne noch einmal hören» fände ich besser, klingt professioneller.

Ein Wechselbad der Gefühle aus unzerstörbarer Liebe und bedingungsloser Hingabe bis hin zur Selbstaufgabe auf der einen und unendlichem Leid auf der anderen Seite.
*‘der Gefühle’ würde ich hier sogar streichen, es ist klar, dass alles, was du da aufzählst, Gefühle sind.
*
Diese Psychologin konnte nicht wissen, wie es ist heute hier zu sitzen …
Komma nach dem ‘ist’.

Verdammt, ich hatte sie geliebt, mehr als Alles auf der Welt.
‘Alles’ klein.
Und wer ist in diesem Zusammenhang mit ‘sie’ gemeint? So liest es sich, als bezieht es sich auf die Psychologin
.

Ich glaube sogar ich liebte sie damals mehr, als mich selbst.
*Komma nach ‘sogar’, dafür das nach ‘mehr’ weg

Alles in allem hat dein Text sehr dazugewonnen, mir gefällt sehr gut, dass man hier als Leser ziemlich dicht am Erzähler dran ist*. *Dieser Ich-Erzähler drückt sich manchmal etwas umständlich aus, aber genau das passt hier ausgezeichnet und unterstreicht seine Persönlichkeit.
Anders als mein Mann (der hasst Prologe und kriegt es fertig, ein Buch unter erbittertem Gefluche wieder wegzulegen, wenn es mit einem Prolog beginnt) bin ich da nicht so extrem, soweit man es bis jetzt sagen kann, hat der Prolog hier durchaus seine Daseinsberechtigung und ja, ich denke, so langsam macht er neugierig auf das, was da noch kommen mag.

Ich finde übrigens nicht, dass du deinen Prolog hier im Forum zu früh gepostet hast. Klar, er benötigte noch eine ganze Menge Feintuning, aber das weiß man ja vorher nicht - und genau deswegen stellt man hier seine Texte zur Diskussion.
Wie gesagt, du hast da einen großen Schritt nach vorne gemacht, also bloß nicht entmutigen lassen, es wird!
Nur, wenn ich das sagen darf, mit der Kommaregelung solltest du dich bei Gelegenheit etwas intensiver auseinandersetzen; das gehört halt zu den Dingen, die man als Autor möglichst sicher beherrschen sollte.

Dir auch schöne Rest-Ostern, und bleib gesund!

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