Recherchefails

Hallo zusammen,

ich ärgere mich oft über Recherchefehler in meinen Hörbüchern und habe deswegen auch schon etliche zurück gegeben. Vielleicht könnten wir hier einige solcher besonders ärgerlicher Fehler sammeln. Sie können uns sowohl zum Vergnügen als auch als Warnung dienen.

Ich möchte jedoch die dazugehörenden Bücher nicht nennen. Ich möchte dieses Forum nicht nutzen um die Autoren, welche diese Fehler verbrochen haben, bloßzustellen.

Also hier eine kleine Auswahl:

1.) in einem Krimi, der in Wien spielt, hatte der ermittelnde Kriminalbeamte den Dienstgrad Inspektor. Der Roman ging gleich wieder zurück. Das ist der unterste Dienstrang, mit dem der Beamte in den Polizeidienst aufgenommen wird. Nach dem Kriminalbeamtenkurs steigt er automatisch auf einen Chargendienstgrad auf.

2.) ein recht neues Hörbuch, das online sehr gelobt wird und gute Bewertung hat. Der Protagonist hat Schwierigkeiten mit einem Inkassounternehmen, da er die Spielschulden bei einem Onlinepokeranbieter nicht bezahlen kann. Es kann doch nicht so schwer sein, zu recherchieren, dass erst über Kreditkarte, Banküberweisung usw. eingezahlt werden muss, bevor gespielt werden kann. Wenn alles verspielt ist, kann nicht mehr um Geld gespielt werden, bis wieder eingezahlt ist.

3.) gleicher Roman. Mord mit Schlangengift, das in eine Cola gekippt wird. Ich weiss ja nicht, woran das Opfer tatsächlich gestorben ist. An diesem untauglichen Versuch kann es nicht gelegen haben. Schlangengift muss in die Blutlaufbahn gelangen. Oral eingenommen tut sich nix. Um das zu wissen, reichen 5 Minuten googlen.

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In einem historischen Roman, der in den 1480er Jahren in Spanien spielt, klettert ein Maure eine Leiter an einer Stadtmauer hinauf, um die Stadt anzugreifen. Einige seiner Kampfgefährten sind über ihm auf der Leiter und einer von ihnen wird von den Verteidigern der Stadt getötet.
Im Text stand so was ähnliches wie: Der Mann fiel ihm entgegen wie ein Kartoffelsack. Ich habe das Buch verschenkt, daher kann ich nicht genau zitieren.

Klares Beispiel für einen Anachronismus. Kartoffeln stammen aus Südamerika. Columbus ist erst 1492 in die neue Welt aufgebrochen, also konnte man in den 1480er Jahren keine Kartoffeln kennen und diese in einer personalen Perspektive zu verwenden ist daher ungünstig. Aber auch in einer auktorialen Perspektive wäre das unpassend gewesen, ebenso wie die Erwähnung eines Smartphones.
Zu der damaligen Zeit sind tote Menschen höchstens wie Sand- oder Getreidesäcke von Stadtmauern gefallen, aber nicht wie Kartoffelsäcke.

Aber Fehler und schlechte Recherche dürften auch dem Anspruch geschuldet sein, in immer kürzerer Zeit immer neue Bücher “rauszuhauen”.

LG
Pamina

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Naja, kommt darauf an. Natürlich ärgert man sich über bestimmte Dinge. Wenn das Buch aber ansonsten gut, spannend und unterhaltsam ist, sehe ich da gerne darüber hinweg. Auch wenn sich die Geschichte ohnehin nicht so ernst nimmt und die Gründe ersichtlich sind. Im Kartoffelsackfall wäre es z.B. für mich ok, wenn man erkennt, dass der Erzähler offensichtlich über ein größeres Wissen verfügt und eben ansonsten auch recht flapsig an die Sache herangeht. Ansonsten, wenn sich so etwas nicht häuft, wäre es auch nicht schlimm. Nasser Sack wäre vielleicht die optimale Lösung in dem Fall gewesen.

Es gibt in so vielen Büchern und Filmen Fehler.

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Da muss ich aber ganz heftig widersprechen. Wenn ein Autor auf solche Details bei der Recherche keinen Wert legt, kann das Buch gar nicht gut sein. Dann ist eher anzunehmen, dass er die gleiche Sorgfalt bei seinen Figuren, seinem Plot und auch sonst hat walten lassen.

Ich habe jetzt in meiner Fortsetzung meines Romanes eine Szene, in der mein Protagonist Aristoteles trifft. Aristoteles ist besoffen, verteilt Ohrfeigen, spricht unflätig. Aber diese Szene spielt sich im Traum des Protagonisten ab. Das ist flapsig und zeigt, wie sich die Geschichte ernst nimmt. Aber welche Waffe der Protagonist benutzt. Mit welcher Straßenbahn er wohin fährt, welcher Toaster beim Frühstück zum Einsatz kommt, … das alles ist historisch korrekt.

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Recherche ist nötig, weil (a) sie Details liefert, die die Schilderung stimmiger machen können, Atmosphäre verleihen usw., und (b) weil erkennbar falsche Schilderungen Leser, die es besser wissen, aus der Geschichte „raushauen“ können. (Geht mir oft so mit der Art und Weise, wie Computer in älteren SF-Romane geschildert werden … wo sie meistens noch „Elektronengehirne“ heißen … :roll_eyes:)

Aber … korrekte Recherche allein macht einen Roman noch lange nicht gut. Ich erinnere mich an einen historischen Roman, ein Erstlingswerk eines britischen Autors, über das in einem Bericht lobend geschrieben wurde, der Autor habe „jahrelang minutiös recherchiert“, und da „stimme alles“, in dem Sinne, dass, wenn er schreibe, dass auf dem Fenstersims des Hauses in der Sowiesostraße drei Blumentöpfe stünden, dann standen die damals auch da, da gebe es dann einen alten Kupferstich oder dergleichen, der das belege … usw. usf., ein Wunderwerk fleißiger Recherche eben.

Das Problem: Die Geschichte selber war sturzlangweilig. Die Beschreibung hatte mich neugierig gemacht, also habe ich, als ich ihn in der Buchhandlung sah*, mal danach gegriffen … aber, nein. Las sich so fad wie ein Telefonbuch. Oder wie eine Inventarliste.


*ist lange her, und ich habe den Titel des Buches vergessen. Oder vielleicht auch verdrängt.

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In einem römerzeitlichen Roman (eines durchaus angesehenen Autors, Spiegel Bestsellerliste) wurde Tomatensalat serviert. Die Fangemeinde der historischen Romane ist da Super kritisch, was solche Patzer angeht. Der Roman war kaum auf dem Markt, da häuften sich die sehr amüsierten Kommentare. Es sorgte für allgemeine Heiterkeit. Schon in der nächsten Auflage wurde dieser Fehler korrigiert.

In einem anderen historischen Roman machten sich kleine Jungs einen Spaß daraus ein Gespann Zugochsen mit der Schleuder zu beschießen. Einer der Ochsen wurde auf die Hoden getroffen, wurde wild und riss sich los, wobei der Wagen umstürzte.

Na? Wem fällt der Fehler hier auf?

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Das mit Aristoteles klingt auf jeden Fall cool! :smiley:

Die Sache mit den Details kommt meiner Meinung nach halt auch immer ein bisschen aufs Genre an. Ein Toaster wäre bei mir auch nur ein Toaster, derart detaillierte Beschreibungen mag ich in Büchern nicht so - wiederum liebe ich es in Filmen sehr, wenn da sehr viel Wert aufs Detail gelegt wird. Ich fand z.B. Once Upon A Time In Hollywood da sehr gut gemacht, obwohl ich den Film an sich langweilig fand.
Aber auch wieder ein Unterschied, was Genre und zu vermittelnde Stimmung angeht.

Bei meinem aktuellen Buch “EDRS - Die Erste Deutsche Raumstation” habe ich bewusst auf zu viele Beschreibungen verzichtet. Viele Szenen davon könnten auch im Theater gespielt werden. Mir war der Eindruck wichtig, dass es keine große Sache zu sein scheint, wenn sich der eigene Arbeitsplatz eben rein zufällig auf einer Raumstation befindet. Mein Raumstationskommandant ist auch sehr hin- und hergerissen von seinem Job. Einerseits mag er es ruhig, andererseits findet er seinen Job halt nicht besonders wichtig. Das ändert sich dann natürlich im Laufe der Geschichte, weswegen auch später, wenn mehr und mehr das Abenteuer Einzug hält, auch mehr Beschreibungen hinzukommen.

Ich habe da auch gut recherchiert, was den Mond und ein paar Begebenheiten angeht, solche Dinge wie künstliche Schwerkraft und ganz normale Annehmlichkeiten, die auf einer Raumstation momentan nicht möglich wären, habe ich aber bewusst so verwendet. Für eine eventuelle Fortsetzung könnte ich mir als Nebencharakter auch einen typischen Sitcom-Nachbarn vorstellen, der die EDRS von der ISS aus besucht und da auch gerne mal einen Kaffee mit der Crew trinkt.
Auch habe ich nachgeschlagen, was Angela Merkel für ein Handy benutzt, mit welchem Dienstwagen sie gefahren wird und wie es mit dem Personenschutz aussieht. Mein Roman-BND geht allerdings wiederum völlig an der Realität vorbei und soll teilweise mehr eine humorvolle James-Bond-Welt darstellen. Deswegen hat jedes Land bei mir auch einen Top-Agenten mit den Initialen J.B.

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Also das mit dem Hoden ist schon peinlich. Das sollte nicht passieren.

Und ja, natürlich können gut recherchierte Romane schlecht sein. Aber schlecht recherchierte Romane können meiner Meinung nach nicht gut sein.

@Lars Gunmann ja, wenn sich der Roman selbst so wenig ernst nimmt, dass auch die Details als Satire gelten, dann ist das o.K.
Ich rede von Romanen, die sich ernst nehmen oder zumindest ernst genommen werden wollen. ich selbst schreibe historische Romane. Da ist es peinlich, wenn was nicht passt.

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Mir ist das mit dem Hoden aufgefallen. Ich behaupte aber mal, das ganz vielen Lesern dieser Patzer nicht aufgefallen ist.
Solche Patzer mit Tomaten und Hoden bringen mich zwar zum schmunzeln, aber nicht dazu ein Buch komplett abzulehnen. Solche Schnitzer passieren sehr schnell und zwar auch den besten Autoren.
Bei guten Autoren sind solche Fehler Einzelfälle. Schlechte Autoren erkennt man sofort daran, dass sie über etwas schwafeln, von dem sie keine Ahnung haben. Wer einen Seeräuber Roman schreibt und nicht die geringsten nautischen Grundkenntnisse hat, fliegt damit schnell auf.

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Ja, ich würde auch sagen, dass ein Patzer bei der Recherche eher verziehen wird als eine langweilige Geschichte. Und so ein Schnitzer kann auch viel einfacher korrigiert werden, zumindest wenn er nicht sonderlich relevant für die Handlung ist.

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Ja, da gebe ich dir recht. Ich würde es so ausdrücken: Man muss merken, dass der Autor sich für das Thema interessiert. Wenn er dies tut, dann wird auch die Recherche korrekt sein - oder man nimmt es ihm besser ab.

Ich hatte eine Szene in London und hatte den Vorteil, dass ich im letzten Sommer dort war. Ich fand es lustig, dass der Rasen um den Tower von einem stinknormalen Rasenmähroboter gemäht wird, wie er auch bei uns vor der Großraumbürohalle seine Bahnen zieht. Habe damals an Ort und Stelle sogar einen Satz formuliert und die Szene im Roman eben an diesen Ort gelegt. Da mein Roman aber zur Coronazeit spielt, habe ich mich auch informieren müssen, wie es in der Stadt aussieht/aussah und habe da nicht nur nach Videos/Dokus gesucht, sondern auch mit Leuten vor Ort gechattet. Die Szene ist total kurz, aber mir war es sehr wichtig, dass ich da keinen Blödsinn erzähle.

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Dem möchte ich zustimmen. Wenn ein Schnitzer nicht relevant ist für die Handlung kann ich es verzeihen. So lange es ein einmaliger Ausrutscher ist.
Wenn der Autor von einem Schnitzer zum nächsten Patzer und zurück fällt, wie eine Slapstick Figur, weil er überhaupt keine Ahnung hat von dem was er schreibt, dann entsorge ich so ein Buch ruck-zuck.

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[quote=“DarkLion, post:13, topic:11864”]

Dem möchte ich zustimmen. Wenn ein Schnitzer nicht relevant ist für die Handlung kann ich es verzeihen. So lange es ein einmaliger Ausrutscher ist.
Wenn der Autor von einem Schnitzer zum nächsten Patzer und zurück fällt, wie eine Slapstick Figur, weil er überhaupt keine Ahnung hat von dem was er schreibt, dann entsorge ich so ein Buch ruck-zuck.
[/QUOTE

Dem kann ich vollinhaltlich zustimmen.[/QUOTE]

Der Tomatensalat wäre mir nicht aufgefallen, ich hätte nichtmal gewusst, dass die keinen gegessen haben.
Das mit den Ochsenhoden ist in der Tat unsäglich peinlich für den Autor, sowas würde mich auch stören. Ansonsten gehts mir wie @DarkLion, ein einmaliger Ausrutscher ist kein Thema, aber wenn sich das häuft und ich kriege den Eindruck, der Autor war zu faul für eine vernünftige Recherche oder hat echt keine Ahnung, worüber er schreibt, ist der Ofen bei mir auch aus.

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Seit ich selbst schreibe fallen mir Ungereimtheiten eher auf. Was manchmal den Lesegenuss stört :scream:

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Das mit dem maurischen Kartoffelsack finde ich auch so ein amüsantes Beispiel :rofl:

Es gibt gewissen Redewendungen, die einem so geläufig sind, dass man sie gar nicht in Frage stellt. Unter Umständen merkt man nicht, dass sie in einem bestimmten Kontext historisch inkorrekt sind. Da ich mich selbst mit historischen Themen beschäftige … äh, schreibe … achte ich natürlich auf solche Ungereimtheiten.

In einem Roman der in der Antike spielte, wurden Pfeile „in die Menge gefeuert“. Die Mannschaft an den Katapulten erhielt den Befehl „Feuer frei!“. Ich weiß allerdings nicht sicher, ob es sich womöglich um einen Fehler des Übersetzers handelt, der die Geschichte aus dem Englischen übersetzte.
Die Frage ist, ob man im Zeitalter vor den Feuerwaffen ein Geschoss (Pfeil, Bolzen, Schleuderblei…) „abfeuern“ konnte. Klar, es ist halt so eine Redensart, die uns heute völlig geläufig ist.

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Zum Kartoffelsack:

Nein, leider war das Buch nicht so spannend, wie ich es mir gewünscht hätte. Das lag natürlich nicht nur am Kartoffelsack, sondern an meinen enttäuschten Lesererwartungen.
Die Autorin hat viele Szenen quasi “angekündigt”, Szenen, die Spannung und Konflikt versprachen, z.B. dass eine Figur sich auf die Konfrontation mit einer anderen vorbereitet hat, die spannend zu werden versprach. Ich habe mich wirklich auf diese Szenen gefreut, in dieser Art wurden mehrere angekündigt.
Und als ich dann weitergelesen habe, hieß es: “Zwei Wochen nach dem Gespräch mit …”
Welch eine Enttäuschung! Gerade dieses Gespräch, diesen Streit, dieses Dilemma hätte ich doch so gerne miterlebt. Und dann kriege ich das nur in einer Rückschau vorgesetzt? Das ging gar nicht! Ich habe das Buch zwar durchgelesen, aber ich konnte mich mit dieser Art der Lesertäuschung nicht anfreunden. An manchen Stellen habe ich auch Handlungen der Figuren entdeckt, die James N. Frey wahrscheinlich als “Idiot-auf-dem-Speicher-Motive” bezeichnet hätte.

Möglich wäre es. Auch in der Antike hat man schon Feuer im Kampf eingesetzt. Viele Geschosse, die mit Katapulten abgeschossen wurden, wurden vorher in Brand gesetzt. Ich habe mal eine Reportage über die Zerstörungskraft alter Waffen gesehen, und die war nicht von schlechten Eltern! Die konnte auch “nur” mit brennenden Geschossen aus einem Katapult eine Stadt in Schutt und Asche legen. Vielleicht stammt der Ausdruck “Feuer frei” ja aus der Zeit?

LG
Pamina

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Da gebe ich dir recht, das geht überhaupt nicht!

Das ist gut möglich. Auch Pfeile hat man ja mitunter in Brand gesteckt.

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Das mit den Feuerpfeilen ist so ein Hollywood Mythos, weil sich das auf der Leinwand großartig macht. Damit die Pfeile so richtig schön lichterloh brennen, müssen die Pyrotechniker moderne Brandbeschleuniger einsetzten, sonst gehen ihnen die Pfeile auf halben Weg aus.
Ich habe das Thema antike Waffen Technik ziemlich ausführlich recherchiert. Besonders auch Pfeil und Bogen. Sogar mit Bogenschützen und Bogenbauern habe ich gesprochen. Das war zum Teil super spannend was ich dabei alles erfahren habe. Es ist wohl so das “Brandpfeile” bei weitem nicht so häufig zum Einsatz kamen, wie Hollywood uns das glauben machen will.
Der im deutschen geläufige Begriff “Feuer Frei!” kam aller Wahrscheinlichkeit nach erst mit den “Feuerwaffen” auf, also mit Kanonen und Vorderladern, bei denen wirklich zum zünden der Ladung (Schwarzpulver) Feuer gebraucht wurde. Bei antiken Distanzwaffen (Schleuder, Speer, Pfeil, Ballista) ist es unwahrscheinlich, dass das Kommando “Feuer Frei!” verwendet wurde. Welchen Sinn sollte das bei Speer oder Schleuder machen? Und selbst bei Pfeilen ist dies wohl nur seltenen versucht worden. Selbst das anzünden eines ölgetränkten Tuches dürfte - unter Kampfbedingungen - mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen sein. Die hatten keine Feuerzeuge!

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