Es ist dunkel geworden ... (und nun bist Du dran)

(Hallo zusammen,

ich starte mal ein kleines Experiment. Lasst uns eine kleine Geschichte basteln. Gemeinsam. Ich starte mit einigen einleitenden Sätzen. Jeder der sich berufen fühlt, setzt den Text fort. Das spannende für mich daran ist, wie ‚Autorinnen und Autoren funktionieren‘. Soll heißen … Jede und jeder von uns, hat einen eigenen Stil. Das ist das Eine. Weiterhin gibt es Autorinnen und Autoren, die einem bestimmten Genre zugetan sind. Dieses wechselt also so gesehen automatisch im Verlauf der Geschichte. Kann das funktionieren? Keine Ahnung … Ist ja ein Experiment :wink:

Es gibt folgende drei Regeln:

  1. Persönliche Anmerkungen werden in Klammern und ansonsten unformatiertem Text geschrieben. So, wie diese Passage von mir.
  2. Text, der die Geschichte weiterführt, wird in fett und kursiv formatiert, um ihn direkt zu erkennen. So kann jeder die Geschichte einfach über mehrere Postings weiterlesen, ohne durch persönliche Anmerkungen unterbrochen zu werden, wenn sie die Leserin oder den Leser grade nicht interessieren.
  3. Wer die Geschichte weiterführen will und noch keinen entsprechenden Text zur Hand hat, sondern nur eine Idee, macht dass durch ein einzelnes Posting in Klammern bekannt. ‚Ich will‘ reicht schon völlig aus. Damit sichert sich eine beliebige Autorin oder ein beliebiger Autor die Folgesätze Es muss ja nicht immer gleich ein ganzes Kapitel sein. Fordert die ‚Nachkömmlinge‘ ruhig heraus :wink: Dieses Vorrecht der Textsicherung verfällt nach 2 Tagen, ab dem Posting. Also 48 Stunden nach Bekanntmachung. Ich denke, das ist ein fairer Zeitrahmen. Ist die neue Passage veröffentlicht, endet der Zeitrahmen automatisch und jemand anderes kann sich ‚anmelden‘.

Also, ist doch eigentlich ganz einfach. Nachdem ich hier so einige Themen mitgelesen und konstruktive Diskussionen erlebt habe, bin ich frohen Mutes :slight_smile:

Da ich bekannt für ‚gute Anfänge‘ bin, gebe ich einen solchen vor. Ich habe keinen Plott im Kopf und denke mir das, was in fett und kursiv geschrieben steht, jetzt Ad hoc aus. Die spontane Fantasie möge unser Begleiter sein :slight_smile:

Der Anfang ist offen verfasst. Es kann also in jede beliebige Richtung weitergehen. Ich fände es total klasse, wenn es einen roten Faden gäbe, aber der Text sprunghaft wechselt. Also, wenn eine Art multiple Persönlichkeit des Autorentums enteht, ist das kein Stilfehler, sondern durchaus ein erwarteter Effekt. Kann aber auch ganz anders sein. Ihr entscheidet durch Eure Beiträge!

Liebe Grüße und auf Hoffnung Eurer Teilnahme,

Zwenn)

***Es ist dunkel geworden

Zeit, sie zieht sich. Zeit ist einfach nur. Doch ich sitze in einer Ecke zweier Mauern und könnte einfach nur kotzen! Es ist eine Ecke, wie zwischen so vielen Mauern, die sich treffen. Doch diese ist meine. Was dazu führte, dass ich hier ‚gefangen bin‘, kann ich selbst fast nicht nachvollziehen. Verschissene Gesichter, die ich sehe, die manchmal Bekannten ähneln und dann wieder gar nicht. Wer bin ich?

Verdammte Verdammung, in der ich lebe, in der ich bin. Wie zum Henker kam ich nur in diese Ecke, in der ich darbe, zwischen zwei Mauern?


Hallo,
dann mache ich Spaß mal mit und treib die Geschichte stilistisch ein wenig in eine andere Ecke.

Ich schlage mir die Hände vors Gesicht.
»Lass den Mist«, zische ich in die Dunkelheit.
Nun denke und benehme ich mich schon, wie der Graf von Monte Christo. Ist das ein Zeichen dafür, das ich meinen Verstand verliere?
Ich wäre nicht der erste, der in Isolationshaft verrückt geworden wäre.
Am Anfang dachte ich noch, das es eigentlich eine ganz gute Sache ist. Endlich alleine. Keine stinkenden Mithäftlinge, die Versuchen dich zu erpressen, zu vergewaltigen oder zu töten.
Und töten wollen mich alle. Da besteht kein Zweifel.
Vor vier Wochen hat man mich zu meinem eigenen Schutz von den anderen isoliert.
Wie gesagt. Zunächst hielt ich es für eine Belohnung. Privatsphäre bis zum abwinken.
Aber nach einer Woche begriff ich, was Isolation bedeutet. Wenn man von 24 Stunden des Tages 24 Stunden alleine ist, verliert man das Gefühl dafür, was normal ist und was nicht.
Ich glaube es liegt daran, das man sein Verhalten nicht mehr überprüfen kann. Es ist niemand da, der auf dich reagiert. Die anderen sind der Spiegel der eigenen Seele. Ohne diesen Spiegel verliert man sich mit der Zeit selber aus den Augen. Man vergisst, wer man ist.
Lieber lass ich mich umbringen, als weiter in diesem Loch zu sitzen.
Ich stehe auf und gehe zu Zellentür. Das sind drei großer Schritte.
Rechts neben der Tür ist ein roter Knopf in der Wand eingelassen. Für den Notfall.
Wenn das kein Notfall ist, weiß ich es auch nicht.
Vor dem Knopf ist eine dünne Plastikscheibe angebracht, die vor unabsichtlicher Nutzung schützen soll.
Ich drücke sie ein und betätige den Knopf.

Hallo Zwenn,

gute Idee, mache ich gerne mit: :slight_smile:


Dabei hatte alles so gut angefangen. Komm nach Deutschland, haben sie gesagt. Da gibt es Geld. Die brauchen Leute auf dem Feld. Wenn du schnell bist, kannst du gut Kohle machen. Komm nach Deutschland.
Dariusz hat mir sein Auto geliehen. War nichts Großartiges, aber es fuhr. Und dann war ich hier. Sie haben mich eingeteilt. Ich kann die Sprache nicht. Aber den Lauch schneiden sollte ich, das habe ich begriffen. Ich schuftete wie blöd. Auf dem Acker. Lauch. Den ganzen Tag den Lauchgeruch in der Nase. Aber es gab Geld. Viel Geld. Mehr als daheim. Abends tat mein Rücken weh. Und die Nase brannte. Aber das Geld, das war gut. Jeden Abend gab es Geld, gutes Geld. Ich habe es versteckt. Zuerst in Dariusz Auto. Unter der Fußmatte. Hab immer drauf geachtet, dass mich keiner sieht, wenn ich’s versteckt hab.
Dann ging die blöde Karre kaputt. Bin damit in den Graben gefahren. Weiß nicht, warum. Irgendwie war da plötzlich keine Straße mehr. Total kaputt. Vorne alles hin. Hab nur gedacht ‘Mach, dass du wegkommst, bevor die Bullen dich finden.’ Vielleicht war der Wodka doch keine so gute Idee. Hab die Kohle genommen und bin weggerannt. Irgendwohin. Dariusz darf das auf keinen Fall erfahren.
Erst war es Oktober. Das war noch gut. Hab ne Telefonzelle gefunden. Die war gemütlich. Wenn man sich zusammenfaltet, kann man gut schlafen. Und es ist nicht nass, auch wenn’s regnet.
Das Lauch-Geld war schnell alle. Bin ich in die Fußgängerzone. Da wo die reichen Deutschen einkaufen gehen. Manche sprachen mich an. Ich habe sie nicht verstanden, kein Wort. Hatte auch immer Angst, dass mich die Bullen sehen und denken, dass ich der Typ von dem Auto bin. Manchmal gab’s ein bisschen Geld. Manchmal auch nicht. Dann habe ich die Mülleimer durchgesucht. Was die Leute hier alles wegschmeißen …
Plötzlich war’s Dezember. Aber in meiner Telefonzelle war es immer noch auszuhalten. Ich hab Zeitungen gefunden. Die hat ein Junge nicht ausgetragen und bündelweise hinter die Hecken geworfen. Die hab ich mir genommen. Damit hab ich mir einen Teppich in die Telefonzelle gestopft und die Fugen abgedichtet. Da wurde es nicht ganz so kalt. Ich dachte ‘Den Dezember überlebst du noch. Und auch den Januar und den Februar. Und dann, wenn es Frühling ist, dann machst du dich auf und läufst heim.’ Ohne Auto. Werde Dariusz sagen, dass sie ihn mir geklaut haben. Ja. Sie haben ihn mir geklaut. Die Deutschen können das auch: klauen.
Aber dann kamen diese Kerle mit dem Baseball-Schläger. Es war der 21. Dezember. Weiß ich genau. Dachte noch ‘ausgerechnet am Winteranfang’. Sie haben gegen meine Telefonzelle gedroschen und mich rausgezerrt. Ich hab nix gesagt, hab nur geguckt, dass ich fort komm. Einen Zahn hab ich verloren, aber ich bin schnell, wenn ich will. Sie haben mich nicht eingeholt. Ich glaube, sie waren zu fett und zu besoffen. Kamen vom Weihnachtsmarkt, diese verwöhnten Deutschen.
Seit drei Tagen bin ich im Hinterhof von so einem Hochhaus am Stadtrand. Zur Telefonzelle kann ich nicht mehr. Ist viel los. Alle rennen rum und besuchen sich gegenseitig an Weihnachten. Aber in ihre Ecken sehen sie nicht. Und das ist gut so. Dann sieht mich auch kein Baseball-Schläger. Hier im Hinterhof zwischen den zwei Mauern in der Ecke. Wollte meine Familie anrufen. Aber mein Handy liegt in Dariusz Auto. Wahrscheinlich suchen sie mich schon. Aber ich will nicht. Ich will nicht gefunden werden. Will gar nicht wissen, was sie daheim sagen, wenn ich kein Geld nach Hause bringe. Aber ich vermisse sie so sehr.
Die beiden Mauern sind nicht so warm wie die Zelle. Aber irgendwann wird es Frühling werden. Und dann werde ich heimgehen.


Hupps, jetzt haben wir zwei Stränge … Hab gar nicht gewusst, dass so spät noch einer schreibt…

Und was machen wir jetzt, Zwenn?

Hallo JensB und Zauberfrau,

wow, das hatte ich echt nicht erwartet! Dennoch ist es genau das, was ich wollte. Zwei Autoren, die ihren eigenen Gedanken weiterspinnen. Ganz große Klasse!

Nun habt ihr Beide ein ‚Fortsetzung‘ zu meinen einleitenden Sätzen geschrieben. Zwei völlig verschiedenene. Bin Baff! Wir lassen einfach die folgenden Autorinnen und Autoren entscheinen, an welchen Strang sie anknüpfen. Dies ist eine freie Erzählung. Wenn sich daraus zwei oder mehr Geschichten ergeben, weil es Autorinnen und Autoren gibt, die der einen oder ander Fortsetzung folgen wollen, um so besser.

Das ist natürlich etwas unübersichtlicher. Aber ich fände das trotzdem toll, denn es ist ein kreativer Prozess und ich bin gerne bereit alles zu geben, um die Geschichten auseinader zu halten. Ein Hinweis auf ‚Stotyline 1‘ von JensB oder ‚Storyline 2‘, von Zauberfarau, wäre dabei schon hilfreich :wink: Ich nehme auch gerne ‚Storyline 3‘, ‚Storyline 4‘, usw. auf. Aber alles in allem wäre es schon gut, wenn Ihr nach ‚Regel 3‘ verfahren würdet (‚Ich will‘), um einen Folgetext anzumelden. Von mir aus auch zu einem alternativen Geschichtsverlauf, wie aktuell vorliegend :slight_smile:

Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell Antworten gibt. Finde ich total super! :smiley:

PS: Das die Klammern um die ‚persönlichen Einlassungen‘ nicht notwendig sind, habe ich auch verstanden. Sorry, Informatiker :kissing:

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Gute Idee :thumbsup: So gibt es am Ende vielleicht wirklich ganz verschiedene Geschichten :slight_smile:
Bin gespannt, was noch folgt. Auch auf die Knast-Geschichte :wink:

Gruß,
Vroni

Vielleicht lassen sich beide Stränge wieder zusammenführen.

Mir war schön warm. Entspannt lag ich auf dem weiche Sofa und sah an die Decke. Ein Pfleger hatte mich aus der Zelle geholt, nachdem ich den Knopf gedrückt hatte. Er muss gewartet haben, denn die Tür ging gleich auf, als ich drückte. Zumindest kam es mir so vor. Ich wurde zum Arztzimmer gebracht. Ich kannte es. Hierher war ich gebracht worden, nachdem ich durchgefroren von der Polizei aufgegriffen worden war. Sie hatten mich nicht in eine Zelle gesteckt, was ich erwartet hatte. Erst hier, in diesem Zimmer, mit der gemütlichen Einrichtung, wurde mir klar, wo ich hingebracht worden war. Natürlich begann ich zu toben und versuchte wegzulaufen. Natürlich vergeblich. Ich bekam eine Spritze, später Tabletten verabreicht. Und immer wieder wurde ich in dieses Zimmer gebracht.
Auf dem Sofa liegend erzählte ich immer mehr aus meinem Leben.

Etwas verwirrend bisher, aber ich mach mal weiter :slight_smile:

***Dr. Lenzberger war einer von den Guten. Er verstand uns - uns alle. Am liebsten sprach er mit mir, weil ich den Überblick hatte. Ich kannte uns alle und das war äußerst hilfreich für ihn.


Ja, irgendwie verwirrend und bisher und mir fehlt auch etwas … Ich versuche mal was einzubauen und bin gespannt, wie es dann weitergeht :wink:


Ich würde ihn sogar einen Freund nennen. Er gab mir immer das Gefühl, hier in diesem dunklen Loch noch etwas wert zu sein. Hier hatte ich eine Stimme. Ich war ein Mensch. Jenseits dieser Tür war ich ein aber Niemand, nicht mehr als eine Nummer. Ich existierte nur noch, statt zu leben. Und solange ich den Anweisungen der Wärter folgte, wurde von mir auch nicht mehr erwartet als das.

Gut, ich hatte nicht erwartet, bei Dr. Lenzberger - oder “Lenze”, wie ich ihn immer nannte - zu landen. Das musste aber noch nicht heißen, dass mein Plan scheitern würde. Pläne können sich ändern. Ich musste mir nur schleunigst etwas einfallen lassen. Trotz allem, was Lenze für mich getan hatte, würde ich ihn für mein Entkommen opfern, wenn es sein müsste. Ich wusste nur, dass ich entkommen musste. Irgendwie. Und am besten noch in dieser Nacht.

Wo bin ich da nur hineingeraten? Und wie konnte ich so naiv sein? Ich schuldete Dariusz immer noch viel Geld - nicht zuletzt wegen dem Auto. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, wie ich all das Geld, das er mir geliehen hatte, zurückzahlen sollte. Er hatte mir vertraut und jetzt glaubte er, dass ich ihn hintergehen und mit dem Geld abhauen wollte. Ich kannte Dariusz nur zu gut. Und ich wusste, wie unangenehm er werden konnte, wenn jemand versucht, ihn über’s Ohr zu hauen.
Nicht ohne Grund habe ich immer verschwiegen, weshalb ich so viel Geld brauchte: Meine kleine Anna. Sie ist der Grund, weshalb ich atme. Ich bin durch die Hölle gegangen, nur damit sie eine Aussicht auf Heilung erhält - und ich würde es jederzeit wieder tun. Es war schwer für mich, fortzugehen und sie bei meiner Schwester zu lassen. So war es aber das Beste. Wichtig war nur das Geld für die Operation.

Jetzt hat Dariusz aber von Anna erfahren. Er hatte mir heute Früh von einem Wärter ein Foto von ihr überbringen lassen - die Botschaft war unmissverständlich. Ich wunderte mich nicht darüber, wie er das geschafft hatte. Dariusz hatte schon immer gute Connections. Er würde Anna etwas antun, nur um Rache an mir zu üben. Daran bestand für mich kein Zweifel. Je mehr ich darüber nachdachte, desto hilfloser kam ich mir vor.

Als Lenze den Raum betrat, schien es, als könne er meine Gedanken lesen.
“Pavel”, begrüßte er mich, “Hast Du wirklich gedacht, es wäre so einfach?”

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Mit einem Ruck sprang ich auf und starrte ihn an. Natürlich wusste er es, natürlich hatte er alles durchschaut. Es hätte mich nicht erschrecken sollen, aber das tat es. Verdammt, ich hatte keine Zeit mehr. Anna war in Gefahr und jetzt lief doch noch alles schief.

Ich ballte die Hände zu Fäusten, um das Zittern zu unterdrücken, und trat so dicht an ihn heran, das er zu mir aufsehen musste.
„Doktor, ich …?“ Die Worte blieben mir im Hals stecken, doch ich musste hier raus. Jetzt. „Es tut mir leid“, presste ich noch hervor. Dann hob ich meine Hände und sah kurz Unglauben in seinem Gesicht aufblitzen. Im nächsten Augenblick war es vorbei und ich rannte. Natürlich hatte ich das nicht gewollt, der Doktor war immer anständig gewesen, aber zu guter Letzt hatte er mir keine Wahl gelassen. Das alles hatte ich nicht gewollt. Bitteres Lachen vermischte sich mit meinem keuchenden Atem. Die Geschichte meines Lebens. Hatte ich überhaupt schon einmal getan, was ich wollte, oder war ich immer schon nur von den Ereignissen, die ich nicht kontrollieren konnte, herumgeschubst worden.
Meine Gedanken rasten, während meine Beine immer langsamer wurden. Wie konnte das sein? Warum wurden meine Füße immer schwerer? Kaum hatte ich erkannt, was vor sich ging, brach mein Körper haltlos zusammen und schlitterte noch ein Stück weiter, ehe ich zitternd liegen blieb.
Anna! Wie sollte ich sie jetzt noch retten können?

Bitte mal auf den Fett- und Kursiv-Druck verzichten, das liest sich einfach viel anstrengender.