Der erste Satz im Roman...

Es heißt, dass dem ersten Satz in einem Roman besondere Bedeutung zukommt. Er zieht den Leser in den Roman hinein - oder eben auch nicht. Von daher möchte ich gerne einen ersten Satz mit euch teilen.
Würdet ihr euch von dem hier in den Roman reinziehen lassen?

*Der 24. Dezember 2019 kommt mit leichtem Schneefall und Temperaturen um den Gefrierpunkt – ein Scheißtag, genau wie gestern, vorgestern … und überhaupt alle Tage der letzten Zeit.
*
Für den Anfang meiner Geschichte erscheint er mir perfekt. Meine Frage aber ist: Hält der depressive Tonfall nicht eher vom Weiterlesen ab?

Danke für eure Kommentare.
Walta

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Alles vor dem Gedankenstrich weg. Erklärungen hinterher - der erste Satz sollte ein “Was? Warum?” beinhalten. Die Wetteransage stört.
Und es sollte danach auch eine Verbindung zu einem Protagonisten folgen oder irgend etwas, was in die eigentliche Geschichte zieht.

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Danke Ulli.
Ist das Datum ok?
Hintergrund: Ein paar Seiten später hat der Protagonist Kontakt mit jemanden, bei dem auch Weihnachten ist. Allerdings im Jahr 2136.

Sehe ich ganz genauso. Kein Mensch interessiert sich als erstes für den Wetterbericht, der zieht auf diese Weise niemanden in eine Story. Wenn du ihn weglässt, klingt der Anfang schon ziemlich gut, da möchte man auf jeden Fall wissen, was es mit den ganzen Scheißtagen auf sich hat. So depri finde ich es auch gar nicht, kann ja durchaus sein, dass deinem Protagonisten wirklich jede Menge Scheiße passiert ist.

Übrigens, auch die nächsten paar Sätze und Absätze sind extrem wichtig, je nach dem, wie lange du brauchst, um deine Leser fest am Haken zu haben.

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Danke.
Wetterbericht ist raus. Den Grund fürs Datum habe ich oben erklärt.

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Walta, dann erklär das mit dem Datum ein paar Seiten später, wenn sich die beiden gegenseitig fröhliche Weihnachten wünschen - und feststellen, dass mit der Jahreszahl irgendwas aus dem Ruder gelaufen ist.
Hey, das wird ne tolle Story, ich bin schonmal sehr interessiert.

Machen sie nicht!
Der Typ aus der Zukunft hat gute Gründe, jemanden in der Vergangenheit zu kontaktieren.
Stört das Datum wirklich so sehr?

Veränderte Version:
Der 24. Dezember 2019 ist ein Scheißtag, genau wie gestern, vorgestern … und überhaupt alle Tage der letzten Zeit.
Es einfach durch “Heute” zu ersetzen, erscheint mir zu platt.

Nein, fang mit dem Scheißtag an und bau ein bißchen später ein, dass Weihnachten ist. z.B. zweiter Satz:

‘XY schaute aus dem Fenster, ein trübes Schneetreiben und alles Grau in Grau. Klimaerwärmung? Kein Gedanke, im Jahr 2019 ist der Dezember hier mal wieder so kalt wie schon lange nicht mehr. Na denn Fröhliche Weihnachten!’

Ist noch verbesserungsfähig, nur so als Idee.

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Ok… jetzt tue ich es doch. Wollte mich nicht gleich wieder unter den Watschenbaum stellen. Aber bevor weitere Missverständnisse aufkommen, hier die erste Szene… in der Erstfassung.

Der 24. Dezember 2019 ist ein Scheißtag, genau wie gestern, vorgestern … und überhaupt alle Tage der letzten Zeit.
Ein Wagen rauscht vorbei. Die Karre wummert aus offenen Fenstern … »Guten Morgen Berlin du kannst so hässlich sein …«, Haschischluft.
Mein Telefon …
»Hey, ich bin’s …«
»Wer spricht?«
»Komm … lass den Quatsch. Wo bist du?«
»Unterwegs …«, ich zögere, »… und du?«
»In Athen. Über Weihnachten und Neujahr bin ich bei meinen Eltern.«
»Ah …«
Vor meinen Augen tauchen die Bilder der Stadt auf. Der Flohmarkt in Monastiraki, wo wir alles Mögliche mitgeschleppt haben, um es im Haus von Annas Eltern zwischenzulagern. Abgeholt haben wir die Sachen bis heute nicht. Das Hotel Grande Bretagne, wo einem selbst der Cappuccino präsentiert wird, als gehöre man dem Onassis Clan an. Edel, teuer und alles in Gold.
In Plaka und der römischen Agora habe ich mich sofort wie zuhause gefühlt. Die Erinnerung an die Nächte mit Anna im Hotel, lässt Wehmut und Sehnsucht aufkommen.
»Sie grüßen dich.« Meine Eingeweide krampfen.
»Ja, Gruß … auch von mir … herzlich, und ein schönes Fest.«
Mein Zwerchfell bebt, ich unterdrücke ein Seufzen. Weitere Erinnerungen blitzen auf.
»Danke, das wünsche ich dir auch.« Es war ihre Stimme, gleich von Anfang an, in die ich mich verliebt habe.
»Alles ok bei dir? Was machst du die Tage?«
»Ähm … wollte eigentlich ein Fest schmeißen.«
»Echt?«
»Ja, die Gästeliste umfasst dreiundsechzig Leute, dich eingeschlossen, ohne Max.«
»Du, also …«
»Dann aber hat mein Agent Druck gemacht, wegen des Romans. Hat wohl nen Verlag am Haken und macht auf Dringend.«
»Das klingt super …«
»Ja und deshalb schreibe ich während der nächsten Tage. Heißt, ich schotte mich ab. Kein Fest.«
»Verstehe. Sehen wir uns mal, wenn ich zurück bin?«
»Ja, klar. Melde dich einfach. Ok?«
»Ok. Na dann mach’s gut. Bis bald …«
Ich beende das Gespräch und der Impuls, das Handy auf der Straße zerschellen zu lassen, lässt sich nur schwer zurückhalten.
Eine Drehung um die eigene Achse bringt mich wieder ins Atmen. Verdammt, Anna … warum?
Ausgerechnet Max, dieser glatzköpfige, speichelleckende Emporkömmling, Riskmanager und Sesselfurzer bei der Deutschen Bank. Nein, tut mir echt leid. Ich bin nicht durch damit. Ich spucke aus … verflucht, und jetzt?
Umkehren, und zurück ins Bett? Ich schalte das Ding auf Flugmodus. Über mir die kreischende S-Bahn und ein Schwarm Krähen. Der Himmel, kaum hell, vermittelt schon vormittags das Gefühl von Dämmerung. Das Schneetreiben nimmt zu und ich zieh die Mütze tiefer ins Gesicht, stülpe die Kapuze drüber und stapfe weiter, meinem Vorhaben entgegen.
Verlag … Fest. Bin ich total bekloppt? Jetzt fang ich schon das Lügen an. Nur um zu zeigen, dass ich klarkomme. Dabei ist mein Leben Müll. Mir ist nach Heulen. Ich fühle mich wie Sperrgut, das die Leute hier tagtäglich auf die Straße stellen und davon ausgehen, dass jemand kommt, der den Kram mitnimmt. Aber wer braucht das ganze kaputte Zeug – Fernseher, Trockenhauben, Matratzen … und mich?

Muss es unbedingt Was? Warum? sein? Ich habe in einem allerersten Entwurf diesen Satz: “Wecker aus. Weiter schlafen. Träumen. Ich bin entspannt, denn ich bin ein Bewohner. Auf der Ebene von Dr. Matthiesen muss ich mich um nichts kümmern.”
Ist das langweilig?

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Nein, ist es nicht.
In jedem Fall will ich wissen, was genau die Ebene von Dr. Matthiesen ist.

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:slight_smile: Gut. Dann habe ich ja getroffen.

Bei deinem Anfang würde ich vielleicht so starten:
Haschischluft. Ein Wagen rauscht vorbei. Die Karre wummert aus offenen Fenstern … „Guten Morgen Berlin du kannst so hässlich sein.“ Es ist ein Scheißtag, genau wie gestern, vorgestern … und überhaupt alle Tage der letzten Zeit.

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Ich will wissen, warum man sich nen Wecker stellt, wenn man gar nicht aufstehen muss :unamused:

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Bei deinem Anfang würde ich vielleicht so starten:

Das gefällt mir allerdings sehr gut.
Danke Suse

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Vielleicht Gewohnheit in Zeiten des Smartphones? Klingelt immer um die Zeit. Vergessen abzustellen.
Ich ansonsten nicht.

Nö. Es hat einen völlig anderen Grund. Der folgt dann im Verlauf der Szene. Vielleicht auch erst in der zweiten Szene.

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In dem Fall ärgert man sich dann doch etwas mehr als der Protagonist.

Der Protagonist ärgert sich gar nicht. Er genießt es.

Hallo Walta,
ich fand die erste Version mit dem Wetter gar nicht so übel. Klang wie, jemand hört Radio und driftet dann in seine eigenen Probleme ab.
Was ich mich nur frage, in Athen, sind die nicht griechisch-orthodox? Haben die nicht ein anderes Weihnachtsfeierdatum? Oder habe ich irgendwas nicht kapiert?

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